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Textallergiker, Schreibgenies und brennende Haare – Eine Klasse, viele Stimmen

    Man stelle sich vor, Erbsen, grobe Steine und Kiesel werden in einen Eimer geworfen und gut vermengt – ungefähr so heterogen ist der Journalismus-Kurs des Gymnasium Meiendorfs. Nicht nur durch die unterschiedlichen Klassen, aus denen die Schüler:innen kommen, sondern auch durch ihre ganz verschiedenen Interessen entstehen spannende Gegensätze.

    Der Wahlkurs besteht aus Schüler:innen der 9. und 10. Jahrgangsstufe und arbeitet nun seit etwa einem dreiviertel Jahr zusammen. Die Motivation ist mal hoch, mal eher so mittel, und die Qualität der Texte reicht von preisverdächtigen Werken bis hin zu KI-generierten Wortsalaten. „Ist das Kunst oder kann das weg?“ wird dann gerne mal augenzwinkernd gefragt.

    Doch im Ernst: Wer fantastische Welten, starke Figuren oder spannende Dialoge auf Papier bringt, zeigt nicht nur Kreativität, sondern auch sprachliches Feingefühl. Auch journalistische Qualitäten wie Recherche, Informationsauswahl und sprachliche Prägnanz sind gefragt. Wer nicht so gerne schreibt, aber gerne quatscht, bringt neue Perspektiven ein. Denn genau darum geht es im Journalismus: verschiedene Blickwinkel, echte Stimmen und nachvollziehbare Argumente. Ein Bericht, in dem niemand zu Wort kommt? Kaum denkbar.

    Diese Verschiedenheit macht den Kurs lebendig. Manche nerven, andere schweigen, einige diskutieren – aber alle bringen ihre Geschichte mit. So konnte über das Schuljahr hinweg schon Texten über Fußball, Fantasy-Welten, selbstgepiercte Ohren und brennende Haaren gelauscht werden. Schreibtalente wurden entdeckt und gefördert und jene, die sich im Schreiben verbessern wollten, erhielten viele Chancen. Auch die, deren Motivation eher dem Reden als dem Schreiben galt, wurden aufgefangen und bekamen für ihre Texte eine Bühne samt späterer Feedbackrunde.

    Manchmal fühlt sich der Journalismuskurs wie ein Gegenmodell zum schulischen Leistungsprinzip an. Nicht, weil hier alles anders läuft, sondern weil es darum geht, eigene Gedanken zu entwickeln, Argumente abzuwägen und mit Sprache Wirkung zu erzielen. Es geht weniger ums Richtigsein als ums Neugierigsein. Vielleicht ist das Besondere an diesem Kurs: Man wird ernst genommen. Nicht nur als Schüler:in, sondern als Stimme.

    Der Kurs hatte schwierige Startbedingungen: Mittwoch, 7./8. Stunde, müde Teenager, unterschiedliches Leistungsniveau. Doch am Ende wurde daraus eine Gruppe, in der Vielfalt nicht länger störte, sondern stärkte. Der Journalismus-Kurs zeigt, wie aus Textallergikern Perspektivgeber werden – und wie ein Wahlkurs mehr sein kann als nur ein weiterer Punkt im Stundenplan.

    Leser:innen-Hinweis: Dieser Text wurde von einem Schüler des Wahlkurses verfasst – als persönlicher Rückblick und ehrlicher Einblick in ein ungewöhnliches Schulhalbjahr. Vielleicht hat genau das Lust gemacht, den Kurs im kommenden Jahr selbst zu wählen?

    Autor: Tristan Rätsch